Fremde Lebensformen im wilden Garten
Wenn ich mir ansehe, was für seltsame Wesen mit uns den wilden Garten bewohnen, kommen mir die der menschlichen Fantasie vom „ganz Anderen“ entsprungenen Vorstellungen vom ALIEN vergleichsweise vertraut vor. ET ist jedenfalls deutlich weniger „anders“ als dieser Genosse hier links im Bild. Immerhin hält er gemütlich still, während ich ihn (honorarfrei!) als Model nutze, und er wird mir auch keine Abmahnung in Sachen „Recht am eigenen Bild“ schicken, weil ich ihn hier ausstelle. Ob er es genießt, auf einer weißen Cosmea zu sitzen? (Ich war entzückt, als ich sie erblickte, denn ich kannte bisher nur die weinrote Art!)
Immer wenn ich Käfer, Ameisen, Schmetterlinge, Raupen und anderes Kleingetier länger betrachte, versuche ich mir vorzustellen, wie ihre Welt wohl aussieht und sich anfühlt. Ich sinne über die gewaltige Kluft nach, die uns als Lebewesen derselben Erde so unendlich weit voneinander trennt, dass eines das andere nicht einmal wahrnimmt – obwohl wir einander physisch doch so nahe sind!
Und als Kind hab‘ ich den Gedanken weiter gesponnen und mir ausgemalt, es könne ja auch sein, dass irgendwoher ANDERE so auf uns schauen, wie ich jetzt auf diesen Käfer… (Später bin ich dann vernünftig geworden und jetzt spießere ich im wilden Garten ‚rum).
Blühende Exstase
So sehr der martialische Anblick mancher Insekten beeindruckt, so sind doch auch viele Blüten echte Hingucker: Mal abgesehen vom ästhetischen Aspekt der Farben und Formen, der mich nur kurze Zeit fesselt, zeigt sich dem länger verweilenden Blick der eigentliche Charakter der pflanzlichen Gesten – sie sind tatsächlich irgendwie „geil“ im ursprünglichen Sinn des Wortes. Zwar auf pflanzliche Art, also ganz anders als wir, aber trotzdem so, dass ich mich fast als Voyeurin fühle. Na, auch sie bemerken mich zum Glück nicht, ich lebe nicht in ihrer Zeit.
Wo Sex ist, ist auch Crime: man braucht nur ein wenig länger schauen, was die verschiedenen Pflänzchen so miteinander treiben. Wie liebevoll und letztlich tödlich zum Beispiel diese Würgepflanze die Margerite umschlingt und ihr dabei die Lebenssäfte aussaugt! Sie ist ein Parasit, der den Vampyrismus der Mühe vorzieht, eigene Blätter auszubilden und selbst Photosynthese zu betreiben.
Die Schlingen wachsen immer weiter, hangeln gierig nach dem nächsten Halt, greifen nach dem nächsten Opfer ihres Expansionstriebs. Hier ist es die Goldrute im Hintergrund, die es als nächstes erwischt:
Einerseits finde ich die Überlebenstechnik des Parasiten faszinierend, dieses „Wachsen durch Würgen“ in für das Pflanzenreich hoher Geschwindigkeit. Andrerseits überlege ich, dem Gewächs die Kabel zu kappen, damit die Margerite wieder Luft bekommt. Abreißen oder aufwickeln geht nicht mehr, so eng wie die Strangulierung schon ist.
Im selben Kübel wie die Margeriten wächst übrigens noch ein Lotus, bzw. gefleckter Hornklee (Lotus maculatus), . Und um den wär’s echt schade, so wild wie er aussieht:
5. Juli 2007 um 12:24
wahnsinn, welche krimis sich da im garten so abspielen… danke fürs hinguggen und erzählen!
5. Juli 2007 um 13:26
Wenn Du glaubst die Pflanzen oder Tiere bemerken Dich nicht, irrst Du gewaltig…eher ist es (hierzulande) umgekehrt!
Die „Würgepflanze“ ist eine Seide – Cuscuta, von den weltweit ca. 145 Arten kommen in Deutschland 8 Arten vor, die meisten davon sind Neophyten. Alle hierzulande wachsende Arten sind einjährig. Ich würde darauf achten zumindest die Früchte rechtzeitig zu entfernen, um einer weiteren Ausbreitung entgegen zu wirken (das „Zeug“ kann nicht nur lästig werden!) und sie, so gut es geht, komplett entfernen.
6. Juli 2007 um 22:36
@niXda,
danke für die Info! Ich sag‘ manchmal zu Matt, wenn wir wieder keinen Schimmer haben, was das für ein Gewächs ist: NiXda weiß es bestimmt! :-)
Du hast Recht damit, dass wir Menschen der technischen Zivilisation die Tiere und Pflanzen wenig bemerken (auch wenn wir Naturfilme mögen..). Wie es sich umgekehrt verhält, können wir letztlich niemals wissen. Es gibt aber Anhaltspunkte: z.B. kann ich testen, ab wann der Schmetterling mich derart bemerkt, dass er die Flucht ergreift… und irgendwie bin ich mir sicher, dass er mich VORHER nicht wahrgenommen hat.
Der mehrhundertjährige Baum bemerkt einen ebenfalls mehrhundertjährigen Baum in seiner Nähe bestimmt – aber gewiss nicht den Grashalm zu seinen „Füßen“…
Lieben Gruß
Claudia
19. Juli 2007 um 10:44
Genau Claudia, so ist es…mehr oder weniger :-)
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