Achim hat sich in seinem Blogpost über „Brombeerdickicht, der Gartenbegriff und ein Wanderer beim Mönch“ über Nörglerkommentare in sozialen Netzwerken aufgeregt, die ihn wegen der Beseitigung eines wilden Brombeergestrüpps angegriffen haben:
„War ich im falschen Film? Da wurden die Herausgeber recht aggressiv angegangen. Eine Gartenseite, die empfiehlt, Natur aus dem Gartenzu verbannen und zu zerstören hat ihre Daseinsberechtigung verloren. Man muss Natur wachsen lassen und die leckeren Früchte ernten und vieles mehr. Apropos ernten, wer wirklich schon einmal versucht hat, Früchte aus dem unvorstellbaren Stachelgewirr eines Brombeerdickichts zu ernten, der weiß, dass nicht einmal das sinnvoll möglich ist.“
Dass man nichts sinnvoll ernten kann, können wir nicht bestätigen. Auch wir haben eine ziemlich „wilde“ Brombeerhecke, die jedes Jahr massiv Früchte trägt:Früher haben wir jedes Jahr Marmelade produziert, heute lassen wir auch mal ein, zwei Jahre aus und essen sie nur frisch vom Busch.
Einfach wuchern lassen? Geht nicht!
Würden wir die Brombeere einfach wachsen lassen, würde sie sehr schnell mehr und mehr Raum einnehmen und alles überwuchern. Mindestens dreimal im Jahr müssen wir sie massiv beschneiden, die meterlangen Ausläufer entfernen, das „rüber wuchern“ zu den Nachbarn verhindern. Wo es geht, auch mal die Wurzelausläufer ausgraben. Das macht Arbeit, bei der man sich auch noch gut schützen muss, um nicht total verkratzt zu werden. Trotzdem geht es nie ohne bluten ab…
Und dennoch bewundere ich die Brombeere wegen ihrer Wuchskraft und dass sie einfach nichts umbringen kann, sowie für ihren intensiven Geschmack. Zum Vergleich habe ich schon von den „gezähmten“ stachellosen Brombeeren gekostet, die manche Gartenfreunde ordentlich an Spalieren anbauen. Geschmacklich kein Vergleich, die toppt unsere „Wilde“ bei weitem!
Wildwuchs, Gemüseanbau, Schönheit – das magische Dreieck des Gärtnerns
Das Generve um die Brombeeren hat Achim dazu angeregt, ein wenig über das Gärtnern zu philosophieren:
„Der Begriff des Gartens leitet sich ethymologisch ab vom Begriff der Gerte. Gemeint sind Ruten der Weide oder Haselnuss, die, oft verflochten, als Zaun um ein Grundstück, meist am Haus, dienten. Ein Garten ist ein umzäuntes Stückchen Land, das bewirtschaftet und vom Menschen eindeutig gestaltet wird. Der Zaun ist vor allem dazu da gewesen, etwas draußen zu halten, das dem , was innen ist, schadet. Hasen oder Rehe etwa. Vielleicht auch Brombeertriebe? „
Ich stimme Achim voll und ganz darin zu, dass Gärtnern immer auch Gestalten bedeutet – und nicht, einfach alles wachsen zu lassen, wie es eben kommt. Letzteres würde nämlich schnell dazu führen, dass man – zumindest in der Stadt – eine Szene hätte, wie sie sich auf Brachgrundstücken entfaltet. Von Artenvielfalt ist da nicht mehr viel zu sehen!
Was aber das „Drinnen“ und „Draußen“ angeht, so hat sich die Umwelt und mit ihr die Wünsche und Vorstellungen rund ums Gärtnern doch geändert. Lange war Gärtnern vor allem Selbstversorgung und das draußen Halten der „wilden Natur“ mit all ihren den Nutzpflanzen schädlichen Aspekten. Es handelte sich im Prinzip um eine Landwirtschaft im kleinen, die nach und nach auch Zierelemente umfasste, wie Sommerblumen, Rosen, Hortensien etc. Das geschah in einer Umgebung, die noch durch die einst vielfältige bäuerliche Landwirtschaft geprägt war.
Heute haben wir eine spezialiserte Tabula-Rasa-Landwirtschaft, der grade mühsam ein paar Blühstreifen abgerungen werden müssen, damit wenigstens ein paar Vögel und Insekten noch überleben. Ansonsten dominiert die urbane Umwelt, in der sich zwar ein paar Parks und Friedhöfe als grüne Oasen finden – aber von einer „wilden Natur“, die man draußen halten müsste, kann nicht mehr die Rede sein.
Das frühere Draußen ist jetzt drinnen
Und so wandelt sich eben auch das Gärtnern: Vom draußen Halten der Natur zum herein Holen bzw. inszenieren eines Refugiums, in dem möglichst viele unterschiedliche Gewächse den minimierten Insekten Nahrung geben sollen. Lebensraum und Nistmöglichkeiten für Vögel und Igel, Kröten und Eidechsen und was da sonst noch kreucht und fleucht. Alle privat bewirtschafteten Gärten verfügen über eine Fläche, die größer ist als alle Naturschutzgebiete in Deutschland und Österreich zusammen, hab ich kürzlich gelesen. Da macht es schon was aus, wenn sich jetzt mehr darum gekümmert wird, dass Natur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen Rückzugsorte bekommt, wenn ansonsten alles von Agrarinteressen, Straßen und Gebäuden besetzt ist.
Dass das Bundeskleingartengesetz nach wie vor den Obst- und Gemüseanbau verlangt, finde ich dennoch nicht falsch. Denn auch das gärtnerische Wissen um die Erzeugung von Lebensmitteln muss erhalten und weiter gegeben (bzw. immer wieder neu gelernt) werden. Es wäre aber wegen der abseits der Großstädte oft leer stehenden Gärten vielleicht angesagt, die „kleingärtnerische Nutzung“ ein wenig breiter und flexibler zu definieren. In Zeiten der Super- und Biomärkte und angesichts eines allgemein recht stressigen Berufslebens ist es für viele eine Überforderung, Gemüseanbau im verlangten Umfang zu betreiben – vor dem Hintergrund, dass sie das Angebaute oft gar nicht benötigen.
Das Problem in Gartenanlagen sind aus meiner Sicht auch weniger die „naturnahen“ Neugärtner, die erstmal meinen, alles wachsen zu lassen, sei das Beste. Die lernen es schon noch oder gehen wieder. Viel nerviger sind die Party-Macher, die mit lauter Musik den Erholungsaspekt des Gartens zerstören – und auch den schönen Grundsatz:
Gärtnere so, dass die Freiheit deines Nachbarn, seinen Garten nach eigenem Gusto zu begärtnern und zu nutzen, nicht eingeschränkt wird.
Laute Musik vertreibt mich zuverlässig – oder treibt mich in den (verhassten, die Laune vermiesenden) Streit um die Lautstärke.
23. August 2019 um 13:11
ist ja in sehr interessanter Gedanke, dass wir Gärtner jetzt die Natur nach innen holen müssen, weil sie draußen keine Chance mehr hat. Da ist echt was dran und auch recht real, was wir Gärtner bei uns alles für die Natur anstellen, dass sie es leichter hat. Toll!
Das mit den Brombeeren ist echt so ne Sache. Die wilden Brombeeren die mir vom Nachbarn rüber ranken tragen nur winzige Früchte die hart sind und nicht vom Strauch gehen. Oft wuchert Brombeere, wie damals im Facebookpost oft gezeigt, die ja so harmlos ist, das ist aber keine Brombeere, sondern die heißt anders, hat dünne und biegsame Triebe und auch schwarze Beeren. Aber die Leute kennen sich nicht aus müssen aber agressiv posten, da ist alles was schwarze Beeren hat Brombeere. Zum Ernten habe ich seit 6 Jahren eine Zuchtbrombeere, ganz ohne einen einzigen Dorn, riesige Früchte in irrer Anzahl. Erst heute haben wir leckeren Kuchen gehabt. Werde ich noch posten im Selbstversorgerblog. Die darf aber auch nicht wild wuchern, sondern wird am Spalier gezogen, wie es eben richtig gemacht wird. Es wird eben geleitet und gestaltet, egal wie viel Natur auch dennoch drin ist. Dann ist es Garten.
Liebe Grüße und schöne Tage im Garten wünscht der Achim
23. August 2019 um 14:56
@Joachim: danke für deinen Kommentar!
Unsere „Wilde“ ist aber garantiert eine echte Brombeere! Und wie gezeigt, macht sie viele wohlschmeckende Früchte. Es scheint also auch da ganz verschiedene Sorten zu geben – und auch noch die „Kratzbeere“, die kleinere Früchte macht, wenn überhaupt.
Bei uns wuchert in schattigen Bereichen etwas, das wir für Kratzbeere halten – Früchte sahen wir nie, was auch daran liegen mag, dass wir sie nicht wachsen lassen, sondern bekämpfen.
2. September 2019 um 12:58
Ja, gärtnern – selbst im Naturgarten – bedeutet immer, lenkend einzugreifen. Denn sonst würde der Garten (bei uns zumindest) zu Wald oder undurchdringlichem Brombeerdickicht.
Und trotz „lenkendem Eingreifen“ lässt sich ein Garten so einrichten, dass er für alle (Mensch und Tier) ein wertvoller Lebensraum ist – zu jeder Jahreszeit.
Viele Grüße
Sonja
2. September 2019 um 15:24
Bei uns im Garten wuchs auch mal so etwas, wie Brombeere, vielleicht war sie es auch. ich weiß es nicht. Wir haben sie jedenfalls entfernt. Sie war riesig und wir konnten nichts mit ihr anfangen. Gärtnern hat auch immer etwas mit gestallten zu tun, sonst bräuchten wir ja auch gar keine Gärten.
Viele liebe Grüße
Wolfgang