Der Schreck kam in der Abendstunde: im Gespräch mit dem netten neuen Nachbarn, der den Garten neben uns übernommen hat, erfuhren wir, dass die beiden großen Fichten gefällt werden sollen, die die Atmosphöre auch in unserem Garten wesentlich bestimmen.
Auf dem Bild ist es gut zu sehen: im Vordergrund unser Garten, dahinter die große „Schutzwand“ der beiden alten Fichten. Sie sind sechs (plus x, wir können nur schätzen) Meter hoch, die beiden Kronen zusammen ergeben eine „Baumkulisse“ von etwa 10 Meter Länge. Die Fichten sind geschätzt über 80 Jahre alt, also fast so alt wie die Kleingartenanlage insgesamt – oder sogar älter, wir wissen es ja nicht genau.
Die Spitzen dieser Bäume wurden schon einmal beschnitten und zu den E-Leitungen, die man am Himmel sieht, sind es noch mehrere Meter (die DigiCam verflacht alles, das sieht man hier nicht). Ginge es nur um dieses Höhenwachstum, könnte man sie einfach wieder beschneiden, wenn es dann erforderlich ist.
Warum will man solche tollen alten Bäume fällen?
Tja, noch wissen wir nicht die Details. Eine Begründung hatte der Nachbar nicht in petto, nur die Tatsache der „Auflage“ bei Übernahme der Parzelle. Er würde sie auch lieber stehen lassen, denn er mag Bäume. Auch der alte Herr, der den Garten vorher hatte, liebte diese Fichten und richtete unter ihnen einen gut frequentierten Vogelfutter-Platz ein. Eine gruslige Vorstellung, dass diese großen alten Bäume „einfach so“ mal eben gefällt werden sollen!
Wir vermuten, dass das Fällen der „Gartenordnung“ genüge tun soll, in der es heißt:
„Hochwachsende und besonders ausladende Bäume, insbesondere Waldbäume, Rotbuchen, Linden, Platanen, Rosskastanien, Stieleichen, Pappeln, Weißbirken, Nadelbäume, Walnussbäume und Trauerweiden dürfen nicht gepflanzt werden“
Nun ja, aber heißt das, dass sie unbedingt gefällt werden müssen, wenn sie schon 80 Jahre da stehen? Welche „Ordnung“ will man hier eigentlich befördern – und warum? Es gibt nur sehr wenige große Bäume in der ganzen KGA, es droht keineswegs eine „Verwaldung“! Die beiden Fichten stehen am Rand der Anlage und bieten einen durch nichts anderes ersetzbaren hohen Sichtschutz: sind sie weg, ist der Blick vom nächsten mehrstöckigen Mietshaus in unseren Garten frei – und umgekehrt. Wie gemütlich!
Als wir den Garten im August 2008 übernommen haben, war DIE UMGEBUNG, das viele Grün und natürlich zuvorderst diese schützenden und das Kleinklima verbessernden Bäume ein wesentlicher Grund für uns, gerade diesen Garten zu wählen, trotz diverser Nachteile wie Straßengeräusche, E-Leitungen und einer hohen Abstandszahlung. Niemand hat uns damals gesagt, dass die alten Bäume gefällt werden sollen!
Was diese beiden Bäume leisten
Der Nutzen, den die beiden Bäume für die Umgebung bedeuten, ist riesig:
- Nadelbäume produzieren MEHR Sauerstoff als Laubbäume – und das sogar im Winter!
- Die Bäume binden CO² aus der Atmosphäre;
- Sie verdunsten täglich mehrere hundert Liter Wasser und KÜHLEN so die Umgebung spürbar! (In der jetzigen Hitzewelle ist das EIN SEGEN!!!)
- Sie bieten Vögeln und Kleingetier Nahrung und Lebensraum.
- Sie dienen als Sichtschutz gegenüber dem anschließenden Mietshausblock;
- Sie filtern jede Menge Feinstaub aus der Luft.
- Sie schaffen Atmosphäre und geben dem „Dreieck“ genannten Bereich der KGA einen schönen, prägnanten Abschluss.
Und trotz alledem sollen die beiden Fichten fallen: einfach, weil sie nicht die „richtigen“ Bäume sind und den Vorschriften nicht entsprechen. Jahrzehnte hat das nicht gestört, zudem sehe ich in der KGA diverse andere „nicht geschützte“ und in der Gartenordnung ausgeschlossene Baumarten. Man könnte auch einfach abwarten, den „langen Atem“ einer Kleingartenanlagenverwaltung nutzen und erst fällen, wenn die Bäume ihre Lebenszeit hinter sich haben.
Ich denke, ich werde nächste Woche mal zur Vorstandssprechstunde gehen. Die Leute hab‘ ich als sehr nette Menschen kennen gelernt und kann mir kaum vorstellen, dass sie wild drauf sind, diese Bäume jetzt unbedingt zu fällen. Vor September ist eh nix drin, denn:
Nach dem Berliner Naturschutzgesetz (NatSchGBln) ist es verboten, „Bäume, Gebüsch, Ufervegetation oder ähnlichen Bewuchs in der Zeit vom 1.März bis 30. September abzuschneiden, zu fällen, zu roden oder auf andere Weise zu beseitigen“. Das gilt auch für Privatgärten und dient vor allem dem Schutz brütender Vögel und anderer Tiere. (Quelle: Stiftung Naturschutz.de)
Was kann der Baum dafür?
Was mich insgesamt stört, ist diese abstrakte, an pauschalisierenden Vorschriften ausgerichtete Haltung, die einen `lebendigen alten Baum behandelt, als sei er bloßes Material – und an dieser oder jener Stelle halt dann das Falsche. Man schaut nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls, auf die reale Umgebung und die betroffenen Anlieger – Hauptsache „Waldbaum kommt weg“. Was kann aber der Baum dafür, dass er in einer KGA steht, die irgendwann mal eine solche „Gartenordnung“ erlassen hat?
Bäume sind Lebewesen, die ich nie und nimmer ohne echte Not „beseitigen“ würde. Für mich haben sie ein Eigenrecht auf Leben, je länger sie da stehen umso mehr! Und man komme mir nicht mit Ersatzpflanzungen: Bis diese dünnen, ein- bis zweijährigen Stämmchen so eine Größe und klimatische Wirkung erreichen, müsste ich 120 bis 150 Jahre alt werden, um das noch mitzukriegen.
Und wer jetzt meint, diese zwei Fichten seien ja nicht „schön“ im Sinne einer ordentlichen, majestätischen Tannenbaumform, der kann ja mal vorbei kommen und ihre erholsame, kühlende Frische spüren!
Mir ist ganz Elend zu Mute….
17. Juli 2010 um 14:58
Eine Bekannte von mir, hatte vor etwa 20 Jahren so einen ähnlichen Fall. Ich kann sagen, dass ohne die Bäume, die allgemeine Atmosphäre des Ortes (Gartens) ganz bestimmt leiden wird.
17. Juli 2010 um 15:03
Habt Ihr so etwas wie eine Baumfällverordnung (ich weiß nicht, wie der Begriff offiziell heißt)? Die z.B. regelt, dass Bäume ab einem bestimmten Stammdurchmesser unter Schutz stehen und nicht einfach gefällt werden dürfen (in Baden-Württemberg gibt es so etwas).
Vielleicht hilft so ein Argument ja auch beim Gespräch mit der Verwaltung?
Ich wünsch Euch jeden Fall viel Glück, dass diese Bäume stehen bleiben dürfen.
17. Juli 2010 um 15:08
Gibt es nicht sowas wie Bestandsschutz, wozu vielleicht das Grünflächenamt was zu sagen hätte? In Berlin dürfen in Gärten nur Obstbäume nach Belieben gefällt werden, für große, alte Laub- und Nadelbäume ist unbedingt eine Fällgenehmigung nötig!
Meine Eltern hatten nach Gutachterbeschau eine Genehmigung erlangt, eine große Traubenkirsche zu fällen, die einen Schuppen bedrängt und einen Nachbarn störte, da sie seine Garten zu sehr beschatte… – Meine 10jährige Nichte, als sie von der schon kurzfristig terminierten Fällung erfuhr, protestierte mit selbst gemalten Schildern, ließ den Baum um sein Leben flehen und pries seine Wohltaten für die Umgebung…
Am Termin kam sie nach der Schule mit einem Blumenstrauß an, den sie auf den Baumstumpf legen wollte. Doch der Baum stand, nur zwei Äste waren ausgelichtet worden: Das Plädoyer des Enkelkindes hatte in letzter Minute die Fällung verhindert, meine Eltern änderten den Auftrag an die Firma, als deren Mitarbeiter mit der Säge eintrafen. Der Baum grünt üppig wie je – und wenn der Wind weht knarrt es weiterhin, wenn er die Regenrinne des Schuppens neben dem seit Jahren schon für ihn ausgeschnittenen Halbrund im Schuppenvorbau mit jeder Bö sanft bedrängt…
17. Juli 2010 um 15:17
P.S.: Die Details der Geschichte erfuhr ich, als ich bei meinen Eltern den Blumenstrauß in der Vase sah – mit der Plakette daran, die meine Nichte als Nachruf formuliert hatte. Sie hatte die Blumen den gnädigen Scharfrichtern, Oma&Opa, geschenkt. ~_~
17. Juli 2010 um 15:48
die Kleingartenordnung hat schon seine Berechtigung, Ihr hättet euch das schriftlich geben lassen sollen , hier müssen alle Fichten inzwischen auch entfert werden!
wenn ich einen Kleingarten hätte, würde ich keine Fichte pflanzen , die das Grundstück beschattet, austrocknet durch die flachen Wurzeln und nicht zu den heimischen Pflanzen zählt.
denn beheimatet sind sie in regenreichen Gebieten
als ich vor vielen Jahren mal ein Gartengrundstück mit Obstbäumen und fünf Fichten übernahm auch schon sehr hoch
habe ich auch gedacht oh diese Bäume sollen nicht gefällt werden, obwohl es im Winter im Haus immer schon viel früher dunkel wurde.
Mein Vater , damals schon 70 Jahre alt sagte nur „haut sie ab“
und ich sträubte mich
aber nach eineigen Jahren waren die Fichten so dominierend und sie verdunkelten alles , nahmen den übrigen Pflanzen und Bäumen das Licht
und wurden auch noch krank und bei Stürmen bewegten sie sich gefährlich!!
da hat mein Sohn mit Bekannten mit viel Mühe die Ficten gefällt, und auf einaml hatte ich Licht und die alten Obstbäume wurden grüner und kräftiger
die späteren Eigentümer haben dann noch mit viel Mühe die Stubben gerodet und der Garten ist so großzügig und schön geworden.
und auch der neue Eigentümer sollte seinen Garten nutzen könne , denn die Fichten werden einen großen Teil der Fläche einnehmen
Pflanzt Euch Obstbäume mit Halbstamm wie Apfel oder eine Süßkirsche und ihr habt sehr schnell wieder Schatten und Schutz
und ihr müßt nicht mehr so viel gießen, die Fichten haben dem land sehr viel Wasser entzogen
auch wenn ich mich damit unbeliebt mache es gibt auch andere Meinungungen
Frauke
17. Juli 2010 um 19:52
ach Mensch, Claudia, das ist wirklich ein Jammer. Ich habe gerade einen ganz ähnlichen Fall mit alten Apfelbäumen auf dem Nachbargrundstück http://patchworkhof.blogspot.com/2010/06/projekt-streuobstwiese-stand-11.html bin aber mit meinen Bemühungen leider nicht weit gekommen. Daher drücke ich dir ganz fest die Daumen und hoffe, dass es bei dir klappt und die beiden „Veteranen“ stehenbleiben dürfen. Alles Gute und nur Mut!
17. Juli 2010 um 23:05
Ich danke Euch für die mitfühlenden Kommentare und Tipps!!!
@Frauke: Auch andere Meinungen dürfen natürlich sein, doch wie ich schon schrieb, muss man den konkreten Fall betrachten. Und hier klagt eben niemand über die Fichten, niemand will sie weghaben und es gießt sie auch keiner. Trotzdem sind sie super in Schuss und beglücken die Umgebung mit ihrer angenehmen feuchten Kühle, die durch die immense Wasserverdunstung entsteht. Und hier ist trockenes, sandiges Land, da ist jeder Feuchtigkeitsspender (eigentlich…) hoch willkommen!
Und: Mit Obstbäumen (noch dazu in diesen modernen Minimalformen) kann man solche Bäume doch nicht vergleichen. Die alte Fichte verhält sich zum neuen „Obst-Halbstamm“ doch wie ein Schwimmbad zur Badewanne! :-)
18. Juli 2010 um 11:00
Hallo Claudia,
das wäre wirklich sehr, sehr schade, wenn diese alten Fichten einfach so wegen einer „Gartenordnung“ gefällt werden sollten. Ich habe ja neulich erst diesen wunderbaren grünen Blick bei Euch im Garten genießen dürfen. Ich hoffe, die Fichten dürfen bleiben. Viele Grüße, Ina.
19. Juli 2010 um 10:40
Hallo Claudia,
ich kann deinen Kummer schon verstehen ,
ich hatte erst nicht herausgelesen, dass der neue Gartenbesitzer die Bäume auch gerne behalten will,
so sieht es natürlich auch anders aus-
also ich wünsche Euch, dass ihr Erfolg habt
und die Fichten bleiben dürfen
aber pflanzt dennoch zusätzlich Obstbäume,
da kann ich die Gärtnerei in Sörup mit alten Obstbaumsorten sehr empfehlen, die auch für das Kleinklima große Vorteile bringen
Frauke
19. Juli 2010 um 19:46
unflexible vorschriften sind immer schlecht. ich hoffe, ihr könnt es abbiegen.
Pingback: Vom Druck der Machbarkeiten
21. Juli 2010 um 17:33
Ohman ! Das ist echt sehr schade, die Bäume sind echt schön.
Ich drück euch die Daumen das die Bäume doch gefällt werden!
21. Juli 2010 um 18:45
Also ich bin mir da nicht 100%ig sicher, aber nur weil die Gartenordnung das vorsieht, dass weit ausgeladene Bäume gefällt werden dürfen, gibt es immernoch höhere Gesetze, die das verbieten können. Ich denke, wenn Du dagegen angehen wirst, dann schaffst Du es auch, dass die Bäume bleiben. Es wäre z.B. eine Unterschriftenaktion möglich, wo jeder sagt, was die Bäume für einen Wert haben und welche Vorteile sie mit sich bringen. Denn auch, wenn die Bäume gefällt werden sollen, dann gilt es die Allgemeinheit zu befriedigen. Hat das Fällen viele Nachteile für alle umliegenden Nachbarn, dann könnte es schwer werden die Bäume zu fällen.
Viel Glück!
23. Juli 2010 um 18:06
Solche Bäume sind vielleicht schön aber wenn etwas infrastrukturell wichtiges gebaut werden muss, dann muss man auch mal Opfer bringen.
In diesem Falle sind es eben die beiden Bäume…
26. Juli 2010 um 10:31
Ich kann sowas auch nicht verstehen, die Bäume bieten doch jede Menge Schatten und frische angenehme Luft. Auf der anderen Seite heben Sie den Boden und sind bei Gewitter eine Gefahr, da sie Flachwurzler sind. Beide Seiten sind verständlich, halte uns doch mal auf dem Laufenden wie es weitergeht!
Lg
Marion
26. Juli 2010 um 11:19
Das ist aber schade. Uns ist es auch passiert und nun schauen wir auf diesen Kahlschlag unseres Nachbarn :-(
26. Juli 2010 um 11:19
Auch mir tut es immer wieder weh, wenn ich höre, dass Bäume weg sollen. Oft ist aber so, dass Bäume leider sehr unüberlegt gepflanzt werden. So zb bei uns, wo 2 m vor dem Gartenzaun Eichen gepflanzt wurden. Vor 20 Jahren war das noch ganz niedlich, aber inzwischen sind die riesig, schatten unser ganzes Grundstück ab. Mich stört es zwar nicht, aber unsere Nachbarn denken da anders. Die wollen die Bäume weghaben – Streit mit der Gemeinde ist vorprogrammiert.
Sowas hätte sich die Gemeinde mal früher rüberlegen sollen. Und dann muss auch sowas später nicht korrigiert werden (= Kahlschlag), weil es Ärger gibt.
Hoffe, die Bäume können bei Euch stehen bleiben!
26. Juli 2010 um 22:50
Ohne Bäume könnten wir nicht leben. wenn wenigstens darauf geachtet wird das wieder nachgeforstet wird ist alles kein Problem. aber schaut euch das disaster im regenwald an und keiner tut dagegen was. Schade…
1. August 2010 um 23:02
Eigentlich ist jetzt alles schon gesagt worden und dennoch möchte ich auch mein Bedauern darüber ausdrücken, dass Vorschriften stärker sein können als andere gewichtige Argumente, wie Atmosphäre und Herberge für jede Menge Tiere. Und das Thema Wasserentzug kann ja wohl auch nur in trockenen Jahren gelten. Jedenfalls drücke ich die Daumen, dass die alten Herrschaften stehen bleiben dürfen!
1. August 2010 um 23:12
…ich vergass noch zu erwähnen, dass solche Bäume auch einen wichtigen Schutz in stürmischen Zeiten bieten. In meiner Gegend, dem St. Galler Rheintal, gibt es noch schön geschwungene Heckenzüge, (wo auch grosse Bäume stehn) welche vermutlich aus genau diesem Grund dort angelegt wurden…
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