Neue Bäume braucht das Land! Während wir noch um die Fichten trauern, die in diesen Tagen gefällt werden, beschäftigt uns derzeit der Plan, verschiedene neue Obstbäume zu setzen. Speziell im „Hinterland“ (Matts Parzelle) stehen sehr alte, partiell schon abgestorbene Bäume, die wir gleichwohl erstmal stehen lassen. Neue Bäume sollen sie jedoch auf Dauer ersetzen: die werden wir daneben und dazwischen pflanzen und die alten dann wegnehmen, wenn sie sich gut entwickelt haben.
Nun, Obstbaumkauf ist nichts Leichtes, jedenfalls dann nicht, wenn man davon nicht viel Ahnung hat und das unglaublich umfangreiche Informationsangebot im Internet jegliche Entscheidung eher erschwert als erleichtert.
Aber vielleicht können uns erfahrene Langzeit-Gärtnerinnen und Gärtner ja was raten! Deshalb berichte ich hier einfach mal die bisherigen Überlegungen und Ergebnisse unserer Entscheidungsfindungsphase.
1. Standort der Obstbäume
Unser Garten liegt in Berlin, der Boden ist ein typisch Berlin-Brandenburger Boden – also eher durchlässig und mit deutlichem Sandanteil. Das Klima ist etwas strenger als in Süd- und Mitteldeutschland, es wird später richtig Frühling (aber früher als in Mecklenburg). Deshalb denken wir, dass es nicht so gut wäre, einen Baum aus einer Baumschule im Süden zu wählen – wäre vielleicht zu krass für den Baum?
2. Welches Obst?
Zumindest DAS ist recht klar. Wir wünschen uns
- einen möglichst aromatischen Sommerapfel (spätestens im September genussreif)
- eine Mirabelle
- eine Sommerbirne
- eine Nashi (falls die Birne wegen Birnengitterrost nie was wird)
- eine traditionelle Zwetschge.
3. Welche Obstbaum-Sorte?
Tja, da fängt die Qual der Wahl so richtig an! Es gibt ja sooooo viele Sorten – und leider sind die Beschreibungen dieser Sorten bei den Baumschulen und in anderen Info-Quellen oft recht allgemein und wenig informativ im Detail. Über den erforderlichen Boden/Standort wird z.B. fast nie ein Wort verloren. Und bei manch anderen Kritierien sind die Infos gar widersprüchlich!
Bisher haben wir folgende Sorten ins Auge gefasst:
- Apfel: Echter Prinz, reif 9/10, gilt trotzdem als „Sommersorte“;
- Zwetschge: Aromazwetschge
- Nashi: Kosui (oder doch die Ur-Nashi?)
- Mirabelle von Metz (scheint für unseren Standort besser als die üblichere von Nancy)
- Birne: Muskatellerbirne bzw. Pyrus Muskateller, Aurate
Wir bevorzugen robuste, gerne auch alte Sorten. Ich vermute, dass besonders große Früchte und besonders buttrig-schmelzendes Fruchtfleisch (Birne) eher empfindlicher gegen alles Mögliche sind als andere, knackigere und kleinere Sorten.
4. Welche Größe?
Immerhin wissen wir: Hochstämme sind für eine Gartenparzelle nicht das Richtige. Aber Halbstamm oder Busch? Je nach Baumschule scheint sich „Halbstamm“ auch noch verschieden groß zu definieren…
5. Welches Obstbaum-Alter?
Es steht nahezu nie irgendwo geschrieben, wie lange die angebotenen Jungbäume brauchen, bis sie tragen! Und es gibt ganz junge Bäume und solche im Alter von zwei, drei und sogar vier Jahren! Was nimmt man da? Bei so einer Langzeit-Investition soll es mir auf den Kaufpreis nicht ankommen. Und spontan denke ich: je älter, desto besser, dann muss man nicht so lange warten, bis der Baum auch nach Baum aussieht und Früchte trägt. Aber was ist der Nachteil? Vielleicht verträgt ja jeder zweite 4 Jahre alte Baum das Umpflanzen nicht und geht ein? Soll man also die Mitte wählen, so zwei oder drei-jährige? Fragen über Fragen…
5. Container- oder Wurzelware?
Ist es grundsätzlich besser, kleine mit offenen Wurzeln gelieferte Jungbäume zu nehmen als größere, die in „Containern“, also mit Wurzelballen geliefert werden? Wobei wir da auch schon erlebt haben, dass uns ein „Container“ geliefert wurde, in den einfach nur Wurzelware in Erde gesetzt worden war. Von wegen „Wurzelballen“!!
6. Welche „Unterlage“ ???
Das ist nun eine sehr spezifische Frage, von der wir als Laien erstmal gar nichts wussten. Studiert man aber die Angebote, muss man schon mal wählen. Z.B. bei einem Apfel zwischen
- 2-jähriger Veredelung
- Busch, 2-jährig auf MM106
- Halbstamm, 2-jährig, auf Sämling
Daneben gibts noch unzählige Unterlagen-Varianten wie A2, M4, M7, M9, MM111 uns so weiter. Ein wenig Licht ins Dunkel bringt die Übersicht beim Biogärtner zu Obstbaumunterlagen.
Fazit: totale Verwirrung!
Je mehr wir von all diesen Details erfahren, desto schwieriger wird die Entscheidung! Und umso weniger scheint es den für uns passenden Baum zu geben: stimmt das eine Kritierium, ist das andere falsch…
Wie wählt Ihr Eure Obstbäume? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht – allgemein oder evtl. auch mit den von uns angedachten Sorten? Auf welche Kritieríen achtet Ihr hauptsächlich?
Wir freuen uns über jeden Tipp!
14. Oktober 2010 um 12:57
Tja, „Experte“ bin ich auch nicht, aber das Gefühl der Planlosigkeit und die Angst etwas falsch zu machen kann ich gut nachvollziehen.
Ich bin mir gar nicht sicher, ob neue Bäume überhaupt „nötig“ sind. Ich habe (auf Bildern) schon Obstbäume gesehen, die nach Jahrzehnten des Wachsens unterhalb der Krone abgesägt wurden und wieder neu ausgetrieben haben. Vielleicht ist es also mit kräftig zurückschneiden einfach getan? Wenn es um mehr verschiedene Arten / Sorten geht hilft das natürlich nicht ;o)
Wir haben bei uns im Garten vor drei Jahren zwei Obstbäume vor ein Wandspalier gepflanzt: eine Aprikose (Bergeron) und einen Apfel (Topaz). Die Sortenwahl haben wir unserem Händler überlassen (ortsansässige Baumschule). Für die Aprikose hat er die Sorte gewählt, weil sie eine dickere Schale hat und damit direkt an der Rauhputzwand nicht so leicht kaputt geht. Die Apfelsorte fand er einfach selber lecker (einzige Vorgabe unsererseits: nicht mehlig bitte).
Von Birne wurde uns damals abgeraten wegen Birnengitterrost. Allerdings nicht, wegen des Ertrags, sondern weil es nicht schön aussieht (was im Hausgarten sicher wichtiger ist, als im Kleingarten). Heute würde ich mich dadurch nicht mehr abhalten lassen. Sooo schlimm sehen die Orangen Flecken nicht aus (mag aber sein, dass andere sie direkt eklig finden).
Beide Bäume wurden als Heister gepflanzt (Hauptrieb ca. 2m, 2 oder 3 Seitentriebe) und haben direkt im nächsten Jahr nach dem Pflanzen geblüht und im darauf folgenden Jahr die ersten Früchte Produziert (3 Aprikosen und 2 Äpfel). In diesem Jahr war’s schon deutlich mehr, bei der Aprikose ungefähr soviel wie ich alleine essen konnte, bei den Äpfeln erst sechs, dafür deutlich größere als letztes Jahr. Auf lange Wartezeiten muss man sich also auch bei kleinen Bäumen nicht einstellen.
Ich würde auf jeden Fall eine Bauschule in der Nähe wählen, damit die Bäume das Klima schon kennen und mich dort einfach beraten lassen. Da man hinterher sowieso nicht weiss, ob es mit einem anderen Baum besser geworden wäre ist die Angst vor Fehlern unbegründet.
Gruß,
Dorit
14. Oktober 2010 um 13:17
Nicht ganz unwichtig ist auch die Befruchterfrage – sind in der Nähe ausreichend andere Sorten, die eure Wunschsorte befruchten können?
Vergangenes Wochenende hatte ich auf einem „Apfelfest“ auf einer riesigen Streuobstwiese ein sehr interessantes Gespräch mit einem Pomologen (Obstbaukundler) vom Pomologenverein (http://www.pomologen-verein.de/). Er erzählte von einem Apfelbaum (Sorte: Kaiser Wilhelm) der sehr schlecht trug. Der wurde dann stark zurück geschnitten bis auf weniger Zentimeter starke Äste und 13 verschiedenen Sorten darauf veredelt – es soll ein sehr schöner Baum geworden sein, der dann über einen sehr langen Zeitraum im Jahr reife Äpfel zu bieten hatte.
Will sagen: eine Alternative können mehrfach veredelte Bäume sein. So haben wir auf eine schwach wachsende Quitte als Unterlage vier veredelte Birnen: Clapps Liebling, Williams Christ, Gellerts Butterbirne und xxx (vergessen). Kostenpunkt dafür von einer lokalen Baumschule waren 45 €.
Ein solcher mehrfach veredelter Baum war die klare Empfehlung des Pomologen für „kleine“ Gärten (wenige hundert Quadaratmeter).
Verkauft werden solche Obstbäume auch als „Familienbäume“.
Meine Lieblingsapfelsorte (reif im September) ist der Cox, sehr aromatisch, allergenarm, soll aber krankheitsanfällig sein.
Viel Spaß bei der weiteren Suche/Auswahl, Jan
16. Oktober 2010 um 08:34
Hallo Claudia!
Obstbaumexperte bin ich nicht, aber zu eurem Boden müsste eine Süßkirsche auch gut passen. Die gibt es ja mittlerweile auf kleinster Unterlage (Gisela 5) und das funktioniert auch, die bleibt wirklich klein. Auf unserem Lehmboden fühlt sie sich leider nicht wohl, sie hat Gummifluss. Das soll auf Sandboden nicht so schnell passieren.
Aber damals hätte ich auch so wie du es jetzt machst vorher ein bisschen besser nachdenken sollen.
Mein Lieblings-Apfel momentan ist der Topas (oder Topaz?), der schmeckt super.
Viele Grüße
Elke
17. Oktober 2010 um 14:09
Hallo Claudia,
ich habe bis jetzt gute Erfahrungen mit Wurzelware von Manufaktum und Schwerdtfeger gemacht, beide im WWW zu finden und mit Versand! Ich habe mich immer für Halbstämme entschieden, die Unterlage soll angeblich schwach wachsend sein!
Alle drei Bäume haben den letzten Winter gut überlebt.
LG
Gesine
18. Oktober 2010 um 13:35
Wie sagt man so schön?? Der dümmste Bauer hat die dicksten Kartoffeln… Also: nicht so viele Details sammeln und einfach aus dem Bauch heraus ein hübsches, gesund aussehendes Bäumchen kaufen… :)
21. Oktober 2010 um 16:06
Danke Euch für die guten Kommentare!
@Marieta: AUS DEM BAUCH HERAUS kann man eine Menge machen, aber Bäume kaufen braucht Verstand, Infos, Kriterien und einen Plan!
Wenn ich ein „hübsches Bäumchen“ kaufe, dass dann aber in unserem sandhaltigen Boden nur vegetriert, das mangels geeigneter BEfruchtersorte keine Früchte trägt, oder wegen der kalten Winter und dem trockenen Berlin-Brandenburger Klima erfriert oder verdurstet – was hab ich davon?
Bäume sind eine LANGFRISTINVESTITION, die man nicht eben mal so und nächstes Jahr evtl. wieder anders machen kann.
Wir sind mittlerweile der Sache näher: Mirabelle von Metz und Petersbirne bei Manufactum bestellt. Am Rest forschen wir noch… :-)
24. Oktober 2010 um 20:23
Wir selbst haben bisher kaum eigene Obstbaeume. Aber zu der Frage nach wurzelnackt oder mit Ballen meine ich mich zu erinnern, dass ich vor einiger Zeit auf einem Apfelfhof mal den Betreiber gefragt habe. Der meinte, er wuerde genauso gut (oder noch lieber) welche mit Ballen nehmen. Tut es aber nicht weil bei der benoetigten Menge waere der Transport zu teuer. Wurzelnackte lassen sich viel enger zusammenschnueren und so passen Hunderte auf einen LKW.
Gruss RR
Pingback: Lebensglück Garten » » Gartenblog-Top5: Oktober 2010
3. Dezember 2010 um 14:01
Hallo,
wegen Apfelsorte.Bei den Anforderung würde ich den „Rubinola“ auf M9 ( lebenslang Pfahl notwendig ) oder MM106 wählen.